Den letzten Tag des Jahres hätte ich mir etwas schöner gewünscht, leider hatten wir keinen guten Anfang gehabt. Erst die unfreundliche Behandlung mit dem Essen im Zug, dann wollten die Cyclofahrer nicht zu unserem auserwählten Ziel fahren.
Sie kamen mit fadenscheinigen Ausreden wie „dieses Hotel gibt es nicht mehr“ oder „das ist so alt und schmutzig und teuer“.
Und das sollten nicht die einzigen Unannehmlichkeiten bleiben, aber darauf kommen wir noch zu sprechen.
Bei unseren bisherigen Erfahrungen in Vietnam haben wir gemerkt, dass es hier anders zugeht als in Laos oder Thailand – man kämpft mit härteren Bandagen und nicht immer fair. Aber wir wollen die Menschen hier nicht verurteilen, wir brauchen nur noch etwas Zeit, um uns auf sie und ihre Art und Weise einzustellen.
Unser Hotel gab es doch und letztendlich setzten uns die Cyclofahrer dort ab, da wir drohten nicht zu zahlen.
Später erfuhren wir, warum sie versuchten, dieses Hotel so madig zu machen. Es war ein staatliches Hotel. Hier verdiente das Personal nichts an uns, sie bekamen nur ihre schlechtbezahlten Löhne. Unsere harten Dollars gingen in die Staatskasse. Früher durften die Besucher Vietnams nur ihn staatlichen Hotels wohnen. Jetzt, wo der Staat immer weniger finanzielle Mittel für seine Bevölkerung bereithält, kam die Regierung nicht mehr drum herum, private Hotels zuzulassen.
Nach Hue übernachteten wir dann nur noch in den privaten, soweit es in unserer Hand lag. Die Guides und Cyclofahrer achteten schon darauf, dass sie einen nicht zu den staatlichen brachten. Von den privaten bekamen sie Provisionen, vom Staat nicht mal etwas zu Essen.
Aber jetzt waren wir nun mal hier und das Hotel war sein Geld wert.
Ein riesiger Bau und ebenso riesig war unser Zimmer, allein das Bad war schon größer und sauberer als unser Zimmer im Queen Café und so manches Zimmer in Thailand.
Mit der Größe versuchen die staatlichen gegen die privaten zu locken.
„Komm, gehen wir noch auf einen kleinen Stadtrundgang“, sagte Claudia ungeduldig. Das war schon großartig mit ihr, sie war genauso neugierig wie ich auch. Kaum waren wir an einem neuen Ort, war das Auskundschaften das erste und nicht erst ausruhen oder duschen.
Wir liefen die ganzen Kneipen und Hotels ab und suchten nach einem gemütlichen Platz, wo wir die Neujahrswende feiern könnten, aber in diesem buddhistischen Land, wo Touristen noch nicht so zuhause waren, hatten wir es gar nicht so leicht.
Wir hatten uns für ein exklusives Hotel entschieden, in dem man Livemusik spielte.
„Da übernachten sicher Touristen, für die werden sie schon das Neue Jahr einleiten“, meinten wir und setzten uns an die Theke, auch wenn unsere Abendgarderobe zu wünschen übrigließ.
Es wurde ausschließlich vietnamesische Musik gespielt und die Getränke waren ziemlich teuer. Nach dem zweiten Bier sagte ich zu Claudia: „Du, ich glaube, die feiern hier kein Silvester. Wir haben bestimmt schon nach Mitternacht.“
Claudia fragte nach der Zeit und bekam auch prompt die Antwort.
Es war halb eins und nicht einer hatte jemandem ein gutes Neues Jahr gewunschen. So wünschten wir uns wenigstens alles Gute und verließen dann das pompöse Hotel enttäuscht.
Langsam schlendern wir durch die Straßen. „Happy New Year, Happy New Year!“ ruft man uns aus kleinen Buden zu, von denen wir nicht wissen, ob es Verkaufsstände sind oder eine private Feier. „Happy New Year!“, rufen wir zurück. „Happy New Year!“, und wir schlendern weiter durch die Straßen.
Danach gingen wir ins Apocalypse, das nicht weit von unserem Hotel entfernt war. Das war dann wohl der Treffpunkt der Europäer. Obwohl wir nicht gerade solche Plätze suchten, war es ganz nett.
Hinter dem Tresen managten zwei Vietnamesen den Laden, die schon sehr auf eine europäische Hardrock-Kneipe eingestellt waren und schon einiges geraucht hatten. An der Bar saß eine Australierin, mit der wir schon in einem Restaurant Kontakt hatten und dicht neben ihr lehnte ein Landsmann von ihr, der in Kambodscha beim Militär war – ein australischer Söldner, zum Töten trainiert.
„Ich glaube, der ist ein bisschen verrückt“, flüsterte Eve, die Australierin, zu uns herüber. „Nehmt mich bitte mit, wenn ihr geht.“
Wir führten interessante Gespräche mit einem Schweizer, aber immer wieder schaute ich zu Eve, die immer mehr in Bedrängnis geriet.
„Eve, wir gehen in 5 Minuten“, sagte ich nach einer Weile und redete auch ein wenig mit dem Söldner.
Ich dachte nicht, dass er sie so einfach gehen lassen würde. Er war angetrunken und hatte schließlich jede Menge Zeit und Getränke in das Mädchen investiert.
Nach einigen Minuten stand Eve auf und kam zu uns herüber. Der Kerl drehte sich zum Tresen und es passierte nichts, als wir nach draußen gingen. Ich atmete auf, denn er war kräftig und sah sehr durchtrainiert aus und als Söldner zum Kämpfen erzogen. Gegen den hätte ich wohl nie im Leben eine Chance gehabt, wenn es zum Kampf gekommen wäre. Inzwischen war es 4 Uhr nachts und um unser Hotel herum war alles abgeriegelt, es half nur noch der Weg über den Zaun.
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